Angelehnt an die Schöpfungsgeschichte markiert Terminator: Genisys einen Neuanfang des Franchises um den Heiland John Connor – und schreibt damit die Geschichte seiner Mutter um.
Dass es Sarah Connor als weiblicher Action Held überhaupt auf die Leinwand schaffte, verdankt sie wohl der feministischen
Bewegung ab der 1960er Jahre, die die gesellschaftliche Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter sprengen wollte. Auf den ersten Blick wirkt Sarah Connors Wandlung von der überforderten Kellnerin in Terminator (1984) zur taffen Kriegerin in Terminator 2: Judgment Day (1991) wie der feuchte Traum jeder Feministin. Sie transformiert sich zum weiblichen Gegenpart des Terminator: durchtrainiert, unnahbar, hart – und doch fehlt ihr etwas zum strahlenden Vorbild. Ihrem Sohn tritt sie mit militärischer Kälte gegenüber, ihre Menschlichkeit verliert sie beinahe, als sie den zukünftigen Schöpfer Skynets präventiv töten will. Doch all das scheint letzlich nur Fassade, als sie den Abzug nicht betätigen kann und stattdessen weinend zusammenbricht. Ihre Stärke ist nur aufgesetzt – und teuer erkauft dazu: Solange sie taff ist, kann sie ihr Herz nicht öffnen.
In der Gesellschaft hat sich einiges getan, seitdem Sarah Connor vor über 30 Jahren den Kampf gegen die Maschinen aufgenommen hat. Das Bild der Frau ist heute ein anderes, wie auch die Forderungen des Feminismus heute andere sind: Die Grenzen der Geschlechterrollen sollen nicht mehr gedehnt oder überschritten werden, sondern vollkommen abgeschafft. Keine Frau, die einen Mann simuliert – keine Sarah Connor, deren überzogen hypermaskuline Härte sie selbst in die Knie zwingt. Und so trifft Kyle Reese in Terminator: Genisys kein verängstigtes Mädchen während seiner Reise in die Vergangenheit, im Gegenteil: Er wird von ihr gerettet, mit den Worten, die er in einem anderen Universum an sie richtete: „Come with me if you wanna live!“.
In einem alternativen Zeitstrang von einem Terminator aufgezogen ist sie auch hier zur Kriegerin herangewachsen, mit einem Unterschied: Menschlichkeit. Wärme und Emotionen lässt sie zu; etwa gegenüber ihrem maschinellen Ziehvater, den sie liebevoll „Pops“ nennt. Als sich Sarah Connor von ihm trennen muss, verabschiedet sie sich mit einer langen Umarmung, gibt sich dabei ungeniert der Verletzlichkeit offener Zuwendung hin. Die umprogrammierte Tötungsmaschine wird zu der Elternfigur, bei der auch ihr Sohn in Terminator 2: Judgement Day Halt suchte, den Sarah Connor damals aber nur als entbehrliches Mittel zum Zweck sah.
Von der mystischen Erlöserfigur John Connor müssen wir uns in Terminator: Genisys verabschieden. Doch seine Korrumption durch Skynet ermöglicht es Sarah Connor ihrer Funktion als Mutter und Beschützerin des Messiahs zu entwachsen. Am Ende der Einbahnstraße angekommen bleibt ihr kein vorgefertigter Weg mehr zu folgen: Ihr Schicksal ist nun ihr eigenes.
Sehr interessant dein Beitrag, ich habe über diese Frauenrolle Sarah Connor und unsere Gesellschaft noch gar nicht nachgedacht. Wenn man das aber mal macht ist das schon irgendwie erschreckend wie uns das gegeben wird was wir verlangen ohne uns im Klaren darüber zu sein.